Atlantikwall auf Fanø – Verteidigungslinie im Zweiten Weltkrieg

Vom Nordkap bis zur französisch-spanischen Grenze – eine fast 3.000 Kilometer lange Befestigungsanlage, bekannt als „Atlantikwall“, sollte Hitlers Unrechtsstaat vor der Landung der Alliierten schützen. In der dunkelsten Zeit Europas galt insbesondere auch die dänische Nordseeküste als wichtige Verteidigungslinie der Wehrmacht. Die Insel Fanø bietet zahlreiche Möglichkeiten, die Überreste dieses längst vergangenen Atlantikwalls zu Erkunden.

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Der Atlantikwall – Bedeutung für Dänemark und den Krieg

Bereits im April 1940 wurde Dänemark innerhalb eines Tages von deutschen Streitkräften besetzt. Dabei diente Dänemark hauptsächlich als Zwischenschritt, um das strategisch wichtige Norwegen einnehmen zu können.

Die dort versteckten Rohstoffe galten als essentiell für die Versorgung des nationalsozialistischen Reichs. Gleichzeitig besaß die Besetzung der beiden skandinavischen Länder eine enorme maritime Bedeutung, da so der einzige Zugang zur Ostsee nach Belieben reguliert werden konnte.

Die deutsche Sorge vor der Invasion der alliierten Streitkräfte an der europäischen Westküste wurde zu Beginn des Jahres 1942 zu ernsthaften Befürchtungen.

In der Folge sollte ein „Gürtel von Bollwerken“ – bestehend aus tausenden Bunkeranlagen und verschiedensten Verteidigungsgeräten – die Küstenlinie sichern.

Von der deutschen Wehrmacht in den Jahren von 1942 bis 1944 besetzt und dementsprechend Teil der Planung sowie des Baus des Atlantikgürtels waren die Küsten von:

  • Frankreich
  • Belgien
  • Niederlande
  • Deutschland
  • Dänemark
  • Norwegen
  • Britische Kanalinseln
Bunker am Strand
Quelle: chrisrt / depositphotos.com

Von strategischer Bedeutung – die Hafenstadt Esbjerg und die vorgelagerte Insel Fanø

Besonders hohe Relevanz für die deutsche Armee besaß der Besitz gut ausgebauter Häfen. An der dänischen Küste lag der Fokus der Wehrmacht daher neben dem nordjütländischen Hanstholm im Wesentlichen auf der Hafenstadt Esbjerg.

Als größter Hafen der dänischen Westküste wurde Esbjergs Küstenlinie als eines der strategisch wichtigsten Gebiete befunden und dementsprechend militärisch stark ausgebaut. Bunker, Flakbatterien, Minenfelder und auch Panzergräben wurden errichtet.

Aufgrund der Lage unmittelbar vor dem Hafen Esbjergs wurde auch die Befestigung der Wattenmeerinsel Fanø zur Priorität erklärt.

Die beispiellose Aufrüstung Fanøs beinhaltete den Bau von:

  • Küsten- und Luftabwehrraketen
  • Bunkeranlagen und Baracken
  • Panzerabwehrgräben
  • Geschütze
  • Minenfelder
  • Betonstraßen und Schienenwege

Neben 2.300 deutschen Soldaten wurden über 1.200 dänische Zwangsarbeiter zur Rüstung der Insel Fanø an der Hafeneinfahrt Esbjergs verpflichtet – hauptsächlich zum Bau der über 1.100 Bunkeranlagen in der Region.

Der Luftraum über Esbjerg galt als wichtige Einflugschneise alliierter Bomber für Angriffe auf deutschem Gebiet. Um den Flug-Korridor des Feindes zu sichern wurde eine kampfstarke Flugabwehr zur höchsten Priorität erklärt.

In der Region Esbjerg und auf der Wattenmeerinsel Fanø wurden insgesamt über 200.000 m³ Beton verbaut. Zum Vergleich: Eine Lastwagenladung enthält etwa 7 m³.

Würde man dieselbe Menge an Beton für den Bau einer 10 Meter breiten Autobahn verwenden, könnte man die 210 Kilometer lange Strecke zwischen Berlin und Dresden betonieren.

Versandet, verfallen, zweckentfremdet – der Atlantikwall in der Gegenwart

Begibt man sich heutzutage in Gebiete des ehemaligen Atlantikwalls lassen sich häufig noch Spuren der damaligen Befestigungsanlagen finden.

Aufgrund des unterschiedlichen Umgangs mit den Relikten des Zweiten Weltkriegs unterscheiden sich je nach Land auch Anzahl und Zustand der Denkmale.

Auf dänischem Boden können noch vergleichsweise viele alte Bunkeranlagen besichtigt werden.

Ganz oder teilweise im Laufe der Jahre versandet, zweckentfremdet als Betonfundament für den Hausbau oder als Austragungsort von Kunstaustellungen, Modeschauen und Konzerten – der Zustand und die Nutzung der noch bestehenden Bunkeranlagen könnte unterschiedlicher kaum sein. Durch die enorm robuste Bauweise stellte sich eine Beseitigung als äußerst aufwendig und kostenintensiv heraus.

Ein aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs typischer Bunker mit 2-3.5 Meter dicken Wänden aus etwa 1.500 m³ Beton würde in der heutigen Zeit rund 500.000 Euro kosten!

Vollständig erhaltene Bunker mit originalen Ausrüstungsgegenständen sowie der damaligen Einrichtung sind ausgesprochen selten. Ein Großteil der Ausstattung wurde nach der Kapitulation abgerüstet und wiederverwendet – vor allem das wertvolle Metall aus den massiven Türen und Schießscharten war besonders begehrt.

Auf den Spuren düsterer Kriegsrelikte – Bunkerführungen auf Fanø

Auf Fanø befinden sich insbesondere an der dem Hafen Esbjergs zugewandten Nordspitze besonders gut erhaltene Bunkeranlagen. Der Verein „Fanø i Atlantikvolden“ bietet wöchentliche Führungen durch die Flakbatterie „Fanø Nord“ an.

Achtung: Die Bunkeranlagen befinden sich in einem Naturschutzgebiet und Privatgelände – ein rücksichtsvolles Verhalten ist daher erwünscht!

Neben dem bekannten „Be Free-Bunker“ befinden sich auf Fanø weitere sehenswerte Bunker:

  • Batterie Vesterhavsbad – (Anfahrt über Golfvejen gen Norden – an Gabelung links abbiegen)
  • Batterie Graadyb (Gneisenau) – (Anfahrt über Golfvejen gen Norden – an Gabelung rechts abbiegen)
  • Marine Flakbatterie Fanø Nord – (Anfahrt über Nordby Hafen, Strandslippe, Vesternasen)

Tipp: Zur optimalen Erkundung unbedingt eine Taschenlampe mitnehmen!

Zu weiteren Informationen zu Bunkerführungen auf Fanø: https://www.fia.dk/

Vision oder Illusion – Atlantikwall von Norwegen bis ins Baskenland

Vom Nordkap bis zu den Pyrenäen – das war Hitlers Vision vom Atlantikwall, der sich entlang der Küste von insgesamt sieben Ländern ziehen sollte.

Laut der nationalsozialistischen Propaganda stellte der Atlantikwall „eine uneinnehmbare Wand aus Beton gespickt mit Artillerie und mit Elitetruppen bemannt“ dar.

In der Realität glich die tausende von Kilometern lange Befestigungsanlage der Wehrmacht allerdings eher einer lückenhaften Aneinanderreihung von Bunkeranlagen, die oft durch mehrere Kilometer ungeschützten Strand voneinander getrennt waren.

Sogar innerhalb der Wehrmacht wurden im Laufe der Zeit die Stimmen lauter, die den Atlantikwall als „riesigen Bluff“ enttarnten. So ist es nur wenig verwunderlich, dass die angekündigten Elitesoldaten sich mehrheitlich als Soldaten mit gesundheitlichen Einschränkungen entpuppten, die für den Frontdienst ungeeignet waren.

Fazit

Wer an Urlaub in Dänemark denkt, der hat traumhafte Strände, endlose Dünenlandschaften und nicht selten die dort langsam im Sand versinkenden Bunkeranlagen vor Auge.

Die dänische Nordseeküste verfügt über besonders gut erhaltene Relikte des historischen Atlantikwalls, die neben der Erinnerung an düstere Zeiten des Landes auch spannende Erkundungstouren und viel Wissenswertes versprechen.

Die häufigsten Fragen von Reisenden

Wo verläuft der Atlantikwall?

Die Befestigungslinie des Atlantikwalls verlief entlang der Küsten des Atlantischen Ozeans, des Ärmelkanals sowie der Nordsee. Geplant und teilweise baulich umgesetzt wurde die Verteidigungslinie der Wehrmacht an den Küstenstreifen von Norwegen, Dänemark, Deutschland, der Niederlande, Belgien, Frankreich sowie den britischen Kanalinsel.

Wer hat die Bunker an der dänische Nordseeküste gebaut?

Im Zweiten Weltkrieg baute die deutsche Wehrmacht im Zuge der Errichtung des Atlantikwalls die vielen Bunkeranlagen an der dänischen Nordseeküste. Mithilfe von Zwangsarbeitern aus Dänemark wurden insgesamt 7.000 bis 8.000 Bunker in der Zeit von 1942 bis 1945 gebaut.